„Essen – die Einkaufsstadt“: Verschwindet der Schriftzug?

„Essen – die Einkaufsstadt“: Verschwindet der Schriftzug?
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  • Von deutschewhiskybrenner
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Essen. Die Stadt Essen will die Lichtanlage über dem Handelshof sanieren. Ein Anlass, um auch über eine Änderung des alten Werbeslogans nachzudenken.

„Essen - die Einkaufsstadt“ – seit Jahrzehnten empfangen die leuchtenden Buchstaben auf dem Handelshof die Besucher der Essener City. Doch immer wieder verblasst der Schriftzug und ist zudem in regelmäßigen Abständen defekt. Auch zur Zeit sind wieder einige der Neon-Röhren ausgefallen.

Die Stadt als Eigentümer kämpft seit Jahren mit der Anfälligkeit der Anlage. Diese ist in die Jahre gekommen und zudem Wind und Wetter ausgesetzt. Die Reparaturen sind aufwendig, die Wartung teuer. Denn die 100 verbauten Neonröhren verblassen mit der Zeit oder fallen ganz aus. Dann müssen sie über eine Spezialfirma wieder aufgearbeitet werden oder nach Sondermaßen neu gefertigt werden. Einen fünfstelligen Betrag, so heißt es, kostet das die Stadt mittlerweile jedes Jahr.

Essenerinnen und Essener findet Slogan nicht mehr zeitgemäß

Doch nicht nur wegen ihrer häufigen Ausfälle steht die Lichtwerbeanlage seit einiger Zeit in der Diskussion. Auch ihre inhaltliche Botschaft, so meinen einige, sei nicht mehr zeitgemäß. Essen habe als Einkaufsstadt an Glanz und Bedeutung verloren. Nichts also, mit dem man noch werben sollte.

KommentarSoll „Essen – die Einkaufsstadt“ verschwinden? Unbedingt!

So regt denn auch ein Bürger in einer Eingabe an den Beschwerdeausschuss des Stadtrates an, den Schriftzug zu verändern. Kritisch merkt er darin an: „Essen ist bekanntermaßen keine Einkaufsstadt mehr. Der Titel am Eingangstor zur Stadt wirkt bei massiven Leerständen in der Innenstadt und verzweifelten Förderversuchen mit Steuermitteln aus der Landeskasse schon eher als Karikatur.“

Mindestens die technischen Probleme und hohen Kosten veranlassen jetzt die Stadt, zu handeln. So soll die Lichtanlage auf dem Dach des denkmalgeschützten Handelshofes saniert und durch moderne Lichttechnik ersetzt werden. Ziel ist es, „die stadtbildprägende Wirkung zu erhalten, jedoch die Betriebssicherheit zu optimieren und den Wartungsaufwand zu minimieren“, schreibt die Stadt als Antwort auf die Eingabe des Bürgers.

„Essen – die Einkaufsstadt“: Verschwindet der Schriftzug?

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Die Stadt hat dafür sieben Varianten erarbeiten lassen, über die die Politik in nächster Zeit entscheiden soll. Geprüft wurde dabei aber auch, den Schriftzug dauerhaft durch einen Neuen zu ersetzen oder zumindest zeitweise. Die Überlegungen dürften also auch dahin gehen, eine Art Video-Wall zu installieren, auf der wechselnde Werbebotschaften laufen könnten.

Eine erste „anlassbezogene Änderung“ des Schriftzuges wird laut Stadt bereits geprüft. Ins Detail geht sie dabei nicht. Es wäre aber nicht überraschend, wenn somit beispielsweise das diesjährige Folkwang-Jubiläum gewürdigt würde. Näheres dazu soll spätestens zur nächsten Stadtratssitzung bekannt werden.

„Essen – die Einkaufsstadt“ weg? – eine emotionale Frage

„Essen – die Einkaufsstadt“ – kann das weg? Die Frage dürfte in Essen vor allem eine emotionale sein und die Geister scheiden. Schließlich gehört der Schriftzug bereits seit den 1950er Jahren zum Eingangsbild der Stadt und erinnert an die glanzvollen Zeiten, als der Bummel durch die Innenstadt ein regelrechtes Familienerlebnis war und viele inhabergeführte Läden der Stadt ein Alleinstellungsmerkmal gaben.

KommentarWarum „Essen – die Einkaufsstadt“ bleiben muss

Dem Geschäftsführer der Essen Marketing Gesellschaft (EMG), Richard Röhrhoff, der in den Prozess eingebunden ist, ist die Emotionalität des Themas durchaus bewusst. Dennoch sagt er: „Ich glaube, dass es Zeit für eine Veränderung an dieser Stelle wäre“. Essen sei heute viel mehr als eine reine Einkaufsstadt.

Röhrhoff könnte sich daher gut vorstellen, dass künftig an diesem markanten Ankunftspunkt beispielsweise Messegäste begrüßt werden, oder auf Museen oder Veranstaltungen hingewiesen wird. „Aus Marketinggesichtspunkten fände ich das gut.“ Hauptkriterium aber sei für ihn, wie eine solche Lichtanlage auf dem historischen Gebäude wirken würde. Die Entscheidungsfindung sei noch ganz am Anfang, meint Röhrhoff. Im Ergebnis „könnte ich auch damit leben, wenn es bleibt, wie es heute ist.“

Einzelhandel fordert weiter seine Rolle ein

Der Einzelhandelsverband gibt sich in der Frage kompromissbereit: „Es ist kein Geheimnis, dass der Einzelhandel allein die Innenstadt nicht mehr bespielen kann“, sagt Hauptgeschäftsführer Marc Heistermann. Deshalb habe er nichts gegen eine temporäre Änderung. „Allerdings sollte der Handel als wesentlicher Faktor weiterhin seine Berücksichtigung finden.“

Stadtsprecherin Silke Lenz betont, dass in dem Prozess noch nichts fix sei, es noch nicht einmal eine Verwaltungsmeinung dazu gibt.

Einen Vorschlag seitens des Beschwerde führenden Bürgers gibt es übrigens schon. Er würde „Essen - die Einkaufsstadt“ mit „Welcome in the City of Essen – Green Capital 2017“ ersetzen.

Denkmalschutz des Gebäudes muss beachtet werden

Die Stadt verkaufte 2009 den Handelshof an das Family Office SFO, das den Wella-Erben gehört. Den Schriftzug „Essen - die Einkaufsstadt“ blieb allerdings im Besitz der Stadt. Daher ist sie auch für den Betrieb und die Wartung zuständig. Trotz einer Überholung vor einigen Jahren ist die Anlage äußerst anfällig.

Während das Dach und die Fassade des Handelshofes denkmalgeschützt sind, gilt das laut Stadt nicht für den Schriftzug. Allerdings kann dieser nicht völlig losgelöst vom Denkmalschutz verändert werden. Denn die Lichtwerbeanlage trägt zumindest zum geschützten Erscheinungsbild des Handelshofes bei.

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