„Im Dorf hat fast jeder eine Ölheizung“ | Sächsische.de

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Großenhainer Land. Ab 2026 dürfen keine neuen Ölheizungen mehr eingebaut werden. Was bedeutet das für die Eigentümer? Was Sie jetzt tun können und worauf Sie unbedingt achten sollten – die SZ fragte dazu Bezirksschornsteinfegermeister und Energieberater Edmund Gnaudschun aus Zabeltitz.

Herr Gnaudschun, das Ölheizungsverbot sorgt für einen Aufschrei – gerade auf dem Land. Wie schlimm ist es?

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Also ich habe mir das Eckpunkteprogramm zum Klimaschutz angesehen. Mit dem, was so durch die Presse und durchs Internet geistert, hat es eigentlich nichts zu tun. Das ist kein Gegängel oder Abgezocke, sondern eher ein sanfter Druck, Energie zu sparen. Und das müssen wir nun mal alle. Gerade die Ölheizung ist einfach ein medialer Aufreger, finde ich.

Okay. Was bedeutet das denn dann für die Bürger aus Ihrer Sicht?

Erst einmal gar nichts. Es wird zwangsläufig teurer, mit Öl zu heizen. Aber nicht nur, weil wir die Ökosteuer oder CO²-Steuer haben, sondern schon aufgrund der Weltlage, das haben wir bei dem Drohneneinschlag in die Ölraffinerie gesehen. Die Amerikaner wollen außerdem massiv Gas nach Europa liefern. Da ist es nicht verkehrt, sich von solchen starken weltpolitischen Einflüssen etwas zu entkoppeln. Da denkt der Staat langfristiger an die Bevölkerung.

Na gut, der Weltpolitik können Sie nicht entfliehen.

Nein, ich sage es mal anhand meines eigenen Beispiels. Ich habe 2015 meine Ölheizung rausgeschmissen, habe dafür auch Fördergelder bekommen und jetzt spare ich im Jahr rund tausend Euro Heizkosten.

Was haben Sie eingebaut?

Eine Pelletheizung. Die Pellets werden in Säcke eingelagert. Fertig.

Da brauchen Sie aber mehr Platz?

Etwa das Doppelte an Volumen im Vergleich zum Heizöllager, aber das ist machbar. Ich merke es auch an den Nachfragen aus der Kundschaft. Was jetzt umgerüstet wird, geht tatsächlich in Richtung Holzheizung oder auch Wärmepumpe.

Was empfehlen Sie denn vor allem auf dem Großenhainer Land?

An erster Stelle die Pelletheizung. Sie ist kostengünstig, von der Technik her inzwischen genauso störungsarm wie ein Ölkessel und in verschiedenen Varianten zu bekommen. Ich kann einmal im Jahr meinen Tank füllen oder ich kann öfter nachfüllen. Da hat man keinen großen Bedienaufwand. Natürlich, ein altes Bauernhaus und die Oma wohnt dort allein, da bin ich mit Pelletheizung auch vorsichtig. Da würde ich dann eher eine kleine Gastherme empfehlen und alles ist gut.

Was kostet die Bürger eine Umrüstung auf eine Pelletheizung?

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Grob geschätzt zwischen 10.000 und 12.000 Euro, die man zwar vorschießen muss, aber über eine KfW-Förderung gibt es zwischen 3.500 und 3.700 Euro schon mal zurück als reinen Zuschuss. Wenn ich eine Kombiheizung einbaue, Pellet-Stückholz, bekomme ich sogar das Geld für den Pellet- und den Stückholzkessel, also bis zu 7.000 Euro. Das ist natürlich ein Geschenk, wo ich mit dem Einbau einer Ölheizung teurer kommen. Der Staat macht schon was, aber es gehört natürlich auch Eigeninitiative dazu. Es hilft nichts, den Kopf in den Sand zu stecken. Man muss immer am Stand der Technik bleiben. Das ist nichts Neues.

Wie viele Leute sind rund um Großenhain überhaupt davon betroffen, die sich darüber Gedanken machen zu müssen?

Ich schätze 60 bis 70 Prozent der Leute haben hier noch eine Ölheizung. Da kann man die Stadt Großenhain natürlich ausklammern, die ans Erdgasnetz angeschlossen ist. Aber schon in den Ortsteilen und erst recht in den Landgemeinden sieht das ganz anders aus, so dass ich etwa auf diesen Prozentsatz im Durchschnitt komme. Das heißt im Umkehrschluss, im Dorf hat fast jeder eine Ölheizung. Oder vereinzelt Flüssiggas. Da muss man in einer ganzen Region nachdenken, wie es weitergeht.

Lohnt sich eine Flüssiggasheizung?

Die würde ich als die teuerste Alternative sehen, denn da hängt man an einer ziemlich straffen Kette. Klar, kann man den Anbieter zwischendurch wechseln, aber da gibt es einen Haufen Regularien. Zum Beispiel, gehört mir der Tank, ist es ein Miettank? Da hat man nicht viel Spielraum. Es ist eine Alternative, wenn wenig Platz ist oder für ältere Leute, die nicht in der Lage sind, auf die Heizung zu achten. 80 bis 90 Prozent der Kunden, die jetzt umbauen, nehmen eine Kombiheizung Pellet/Scheitholz. Man bekommt den Kessel fast umsonst und investiert nur noch in den Umbau für Pufferspeicher und Pelletlager.

Ab wann greifen diese Förderprogramme?

Sofort. Und wer das nicht nutzt, ist selber Schuld. Es gibt mittlerweile auch Verpflichtungen der Energieversorger, ihren Kunden Möglichkeiten anzubieten ökologisch und ökonomisch zu heizen. Man kann sich Heizanlagen also auch mieten und bezahlt die über 15 Jahre über den Wärmepreis. Es gibt durchaus Möglichkeiten, sie werden nur noch nicht genutzt. Ich denke, der große Umbau-Boom kommt in drei, vier Jahren.

In einem neu gebauten Haus betreue ich meistens sowieso nur noch die Kaminöfen. Die meisten setzen hier auf Wärmepumpen. Der Kamin ist dann nur noch Behaglichkeit. Der Wandel greift langsam. Am 23. März 2010 ging`s los mit der neuen Bundesimmissionsschutzverordnung. Jetzt schütteln sich auch einige: Was, ist die Zeit schon herum? Überall, wo ich als Bezirksschornsteinfegermeister sagen muss, jetzt ist es dran, bauen die Leute um und sagen dann: Warum habe ich das nicht eher gemacht? So ein Umbau führt eigentlich nur zu zufriedenen Menschen.

Bis wann muss der alte Heizkessel raus?

Das kommt aufs Baujahr an und betrifft vorerst nur Feststoffkessel. Bei Öl und Gas gibt es derzeit keine Pflicht, etwas herauszureißen. Aber Anlagen aus der Zeit vor 1978, die keine Niedertemperaturheizungen sind, sind jetzt davon betroffen. Das betrifft aber mehr die Altbundesländer. Aus der Zeit ist doch hier im Osten durch den Nachwendeboom kaum eine Heizung.

Was ist mit alten DDR-Kachelöfen?

Ja, die sind derzeit bisschen unter Beschuss. Das betrifft vor allem Kachelofen-Luft-Heizungen aus DDR-Zeiten. Die gibt es hier noch zuhauf. Alle Einzelraumfeuerstätten, die bis 1984 gebaut wurden, hätten bis 31. Dezember 2017 außer Betrieb genommen werden oder einen Feinstaubfilter bekommen müssen. Alle Kachelöfen, die zwischen 1985 und 1994 errichtet wurden, haben bis 2020 Zeit, und alles bis zum Stichtag 21. März 2010 hat eine Frist bis 31. Dezember 2024 bekommen, die Feinstaubgrenzwerte nachzuweisen. Bei den DDR-Öfen ist einfach das Problem, die Hersteller gibt es nicht mehr. Da kann man nur Filter einbauen lassen und eine Messung machen. Da staune ich selber, unsere alten Kachelöfen von der Firma Ortrand funktionieren einwandfrei. Mit Kohle halten sie anstandslos ihre Werte ein, wenn die Kachelöfen ordentlich betrieben werden.

Das war jetzt eine Fülle an Neuerungen. Von wem sollte man sich im Einzelnen beraten lassen?

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Vom Schornsteinfeger und Energieberater, natürlich auch vom soliden Heizungsbauer. Die ganzen Fördermaßnahmen müssen von einem Effizienzberater abgestempelt sein, der sich das Haus ansieht. Denn oftmals fangen die Leute auch an der falschen Stelle an. Mit einem neuen Heizungskessel ist es ja nicht getan, wenn der Rest der Heizung nicht dazu passt. Heizkörper anpassen, Wärmedämmung, Heizzeiten prüfen, das muss betrachtet werden. Da ist viel zu tun und da kann man richtig sparen. Aber es kostet erst mal. Das gebe ich zu.

Das Gespräch führte Birgit Ulbricht.