Professor erforscht die grosse Macht der Farben auf unsere Gefühle und Kommunikation

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Professor erforscht die grosse Macht der Farben auf unsere Gefühle und Kommunikation
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Von: Susanne Stockmann

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Farben haben eine viel stärkere Wirkung auf unser Wohlbefinden, als wir glauben. Sie senden Botschaften, auf die wir reagieren. Sie beeinflussen unsere Gefühle und Gesundheit. Farbforscher Prof. Axel Buether sagt: „Die Macht der Farben wird deutlich unterschätzt.“

Die Welt wird wieder bunter: In der Natur und im Kleiderschrank. Im Gegensatz zu Hunden und Katzen, die ihre Umwelt in blau und gelb wahrnehmen, sieht die Umgebung für Menschen kunterbunt aus. Die Sehzellen in der Netzhaut unserer Augen können sage und schreibe 20 Millionen Farben voneinander unterscheiden. Das gibt nicht nur besonders hübsche Bilder im Kopf, sondern hat auch eine Funktion, die uns kaum bewusst ist: Ob rot, blau, grün oder weiß – solche Signale sind wichtige Kommunikationsmittel. Farben senden Botschaften, die wir intuitiv wahrnehmen und auf die wir reagieren. Farben beeinflussen unsere Gefühle und Gesundheit, das Zusammenleben im Privaten wie den Erfolg im Beruf. Professor Dr. Axel Buether erforscht, wie Farben wirken, er sagt: „Die Macht der Farben wird deutlich unterschätzt.“

Farben wirken nie für sich allein

Wenn Professor Buether gefragt wird, wie diese eine Farbe denn nun genau wirkt, atmet er erst einmal tief durch: „Die eine Wirkung einer Farbe gibt es nicht.“ Denn Farben an sich bedeuten zunächst nicht viel. Ein neugeborenes Baby verbindet mit den Farben seiner Umgebung nichts. Erst nach und nach nimmt der Mensch die Lichtintensität wahr, registriert ob er in einer grünen Umgebung oder in der Stadt lebt. Alle Farben der Umwelt werden vertraut und bilden schließlich eine Farbheimat. Farbtöne bekommen eine Bedeutung, sie lösen Emotionen aus. Jemand der in der Natur groß geworden ist, hat andere Emotionen bei Weiß und Grautönen, als ein Städter. Buether: „Wir sehen schon Unterschiede bei Menschen in Nord- und Süddeutschland.“ Dazu kommt, dass manche Bedeutungen - wie die Aufmerksamkeit für Rot - angeboren ist, oder ihre Interpretation über die Jahrhunderte kulturell geprägt wurde.

In einer unglaublichen Fleißarbeit hat Professor Buether Millionen von Gegenständen unseres Alltags fotografiert, nach Farben geordnet und geschaut, in welchem Zusammenhang welche Farben verwendet werden, und was wir damit verbinden. Buether: „Für jede Farbe konnten wir vier Cluster bilden mit vier grundlegenden Bedeutungen. Da sieht man auf den ersten Blick, dass sich diese Bedeutungen teilweise total widersprechen!“ Grün kann sehr giftig sein, oder Gesundheit widerspiegeln. Rot ist ein Warnsignal bis hin zu Mord- und Totschlag oder die Farbe der Liebe. Die Bedeutungen der Farben kommen also zunächst aus der Umwelt, sie sind kulturell beeinflusst, zudem besitzt jeder Mensch eine individuelle Farbheimat, die wiederum mitbestimmt, wie wir Farbtöne empfinden - die Wirkung der Farben, ihre geheimnisvolle Macht, entsteht erst im Zusammenspiel all dieser Faktoren.

Wer rot trägt, mag Aufmerksamkeit. Wer schwarz bevorzugt, scheut das Risiko

In Versuchen hat Dr. Buether Menschen gebeten, ihre Kleidungsstücke nach Farben zu ordnen und in einen Farbkreis auszulegen. Buether: „Es ist erstaunlich, wie genau man Charaktereigenschaften und auch Milieuzugehörigkeit aus diesen Farbkreisen ablesen kann.“ Trägt jemand gern helle Töne, ist er vermutlich eher offen, ein kommunikativer Mensch. Wer auf Rot setzt, hat nichts gegen Aufmerksamkeit einzuwenden. Hängt viel Schwarz im Kleiderschrank, ist der Besitzer vermutlich eher konservativ eingestellt, er möchte nicht zu viel von sich preisgeben und keine Risiken eingehen. Dieser Mensch ist eher unnahbar, will aber seriös oder künstlerisch rüberkommen. Steht der Uni-Dozent im rosafarbenen Hemd vor den Studenten, möchte er kommunikativ und offen wirken und hofft auf eine muntere Diskussion. Kinder werden ja häufig sehr bunt angezogen. Buether: „Das soll Fröhlichkeit ausdrücken, aber es sind ja die Eltern, die die Kinderkleidung aussuchen und damit drücken Mutter und Vater eher ihre Vorstellung von Kindsein aus.“

Kleidung hat auch einen Gruppencharakter. Wenn plötzlich alle Männer in der Firma in hellblauen Hemden herumlaufen, könnte es sein, dass sie damit Deckung in der Gruppe suchen. Buether: „Tarnung ist ja auch eine Funktion von Farbe.“

Wer vor dem Kleiderschrank steht und nichts zum Anziehen findet, ist in die klassische Falle getappt, beim Einkaufen nicht an den Anlass gedacht zu haben. Buether: „Wenn wir uns anziehen, überlegen wir dabei immer, wie wir wirken wollen.“ Glück hat, wer über Kleidung verfügt, die sich gut kombinieren lässt. Also der graue Anzug fürs Einblenden, aber das rosa Hemd als Zeichen von Individualität und Kreativität, oder der gelbe Schal als Hinweis auf gute Laune und Fröhlichkeit.

Expertentipp: Darum sollten sie weiß gestrichene Raufasertapete abreißen

Einen großen Einfluss auf das Wohlbefinden hat ebenfalls die farbliche Gestaltung der Räume, in denen wir uns aufhalten. Für die eigenen vier Wände rät Buether: „Runter mit der weißgestrichenen Raufasertapete, die dem Weiß einen unangenehmen Touch verleiht. Wenn schon weiß, dann eher auf glatten Wänden.“ Doch weiß als Lichtfarbe lädt nicht zum Anlehnen ein, es wirkt kühl und entgrenzend und hat daher nichts Wohnliches. Aber: „Abgetönte Weißtöne sind fantastisches“, so Buether. Einfach ein bisschen sandige Farbe mit reinrühren. „Dann bekommen wir eine natürliche Oberfläche, die wir von Steinen, Hölzern oder Sand kennen. Aber auch Currytöne oder lehmige Ockertöne sind wunderbare Farben, in denen wir uns wohlfühlen.“

Professor erforscht die grosse Macht der Farben auf unsere Gefühle und Kommunikation

Farbexperte Buether hat Versuche in Seniorenheimen und Krankenhäusern gemacht und gefragt, wie Menschen wohnen oder arbeiten möchten. In Krankenhäusern konnte durch eine veränderte Farbwahl, durch die Optimismus, Wohlbefinden und Heimeligkeit zum Ausdruck kam, der Einsatz von Medikamenten bei den Patienten nachweislich gesenkt werden. Die Pflegerinnen und Pfleger waren deutlich weniger krank und insgesamt zufriedener mit ihrer Arbeit. Buether: „Solche Ergebnisse sind jedes Mal wieder verblüffend.“

Der Forscher der Farben

Prof. Dr. Axel Buether lehrt an der Uni in Wuppertal, er ist Vorsitzender des Deutschen Farbenzentrums, des Zentralinstituts für Farbe in Wissenschaft und Gestaltung. Buchtipp: Prof. Dr. Axel Buether, Die geheimnisvolle Macht der Farben, Droemer-Verlag, 25 €

Rot ist die mächtigste Farbe, warum eigentlich?

Dr. Axel Buether: Im Zentrum der Netzhaut, der Stelle des schärfsten Sehens, sind vorwiegend rotsensible Sehzellen angesiedelt. Das ist die Farbe, die wir ganz bewusst und scharf sehen. Ist etwas rot, fällt unser Blick sofort darauf, sei es das Warnschild, eine rote Krawatte oder geschminkte Lippen. Die Farbe erregt maximale Aufmerksamkeit, weil sie mit Blut, mit Macht aber auch mit sexueller Attraktivität verbunden wird. Wir können gar nicht anders, als dort hinzuschauen.

Wer rot trägt, will also Aufmerksamkeit bekommen?

Buether: Man steht automatisch im Mittelpunkt und das ist nicht jedermanns Sache. Obwohl ich mir manchmal rote Pullover kaufe, ziehe ich äußerst selten einen an. Die bleiben immer im Schrank liegen. Ich möchte offenbar nicht diese Aufmerksamkeit bekommen. Was nicht heißt, dass ich mich jetzt als graue Maus verstecke. Denn natürlich möchte ich kommunikativ und aufgeschlossen wirken. Dann wähle ich z.B. ein farbiges Hemd.

Entstehen so diese unerklärlichen Fehlkäufe? Weil man an dem Tag in einer Stimmung war, in einer gewissen Art und Weise etwas ausstrahlen wollte, mit dem man sich später nicht mehr identifizieren kann?

Buether: Genau, auch wenn man eine Farbe sehr mag, kann es sein, dass man sie nicht tragen möchte, weil man sich mit der Botschaft, die dieses Kleidungsstück aussagt, nicht wohlfühlt.

Kleidungsfarbe spiegelt meine Persönlichkeit, wenn ich mich ändern möchte, kann ich dann mit der Kleidung beginnen?

Buether: Wir kennen das: Nach einer Trennung gehen Frauen zum Friseur und färben sich die Haare, andere renovieren die Wohnung und streichen die Wände, Männer in der Midlife-Crisis ziehen jugendlichere buntere Sachen an. Man sendet Signale an die Umwelt: Ich bin attraktiv, ich bin kommunikativ, ich bin vital. Doch wenn man die neuen Seiten der Persönlichkeit nicht lebt, sondern in alte Muster zurückfällt, verschwinden diese Farben auch wieder.

Letztlich muss man sich ja auch wohlfühlen mit den Farben, die man trägt. Sie sprechen vom Bauchgefühl.

Buether: Das sind intuitive Entscheidungen und da ja nur die wenigsten Menschen wissen, wie Farben wirken, ist das der wichtigste Ratgeber. Aber ich kann nur raten, sich mit der Macht der Farben zu beschäftigen, um zu verstehen, welche Bedürfnisse und Emotionen sie in uns wecken. Denn die Werbeindustrie kennt diese Botschaften natürlich ganz genau: Wir kaufen etwas, weil die Verpackung uns Genuss und Gesundheit verspricht. Wer prüft bei einer schönen grünen Packung schon den Zuckergehalt des Produkts oder zweifelt bei einem Recyclingkarton daran, dass es sich um wertvolle Nahrungsmittel handelt? Es hat einen Grund, warum die Nahrungsmittelindustrie die Nährwert-Ampel ablehnt: Wenn Menschen Rot sehen, lassen sie den Artikel im Regal liegen!

Eine kleine Farbenlehre

Rot erregt die größte Aufmerksamkeit und die stärkste Emotion. Die Rötung etwa von Haut oder Lippen wird hormonell gesteuert und als Signal der Fruchtbarkeit wahrgenommen. Männer finden Frauen doppelt so attraktiv, wenn ihr Foto einen rotem statt weißen Hintergrund hat. Kellnerinnen mit rotem Lippenstift, erhalten deutlich mehr Trinkgeld. Wer rot trägt, signalisiert der Umwelt einen Führungsanspruch. Das macht sie auch zur idealen Symbolfarbe für Rebellionen. Rot signalisiert Bereitschaft zum Konflikt. Daher wirkt Rot bei Verbotsschildern effektiv.

Blau: Keiner Farbe vertrauen wir intuitiv mehr. Sie steht oft für Sicherheit, Richtigkeit und Wahrheit. Wo immer um unser Vertrauen geworben wird, ist blau der perfekte Hintergrund (Versicherungen, Nachrichtenformate..) Blau ist die ideale Symbolfarbe für den Frieden. (UNO oder Unicef) und steht zudem für Sehnsüchte, Hoffnungen und Träume. Der Anblick eines blauen Himmels oder des Meeres wirkt befreiend und entspannend. Wer enge Flure weiten will, sollte Wände und Decken blau streichen. Aber Achtung: Diese Räume wirken kühler. Blautöne lassen sich anwärmen, wenn sie mit Rot, Orange, Gelb oder Violett abgetönt wurden.

Grün: Das grüne Spektrum ist unser größter Farbenraum und umfass über die Hälfte aller sichtbaren Farbtöne. Die Farben der pflanzlichen Natur waren die Grundlage für die Entwicklung unseres Sehsinns. Es ist die Symbolfarbe des Natürlichen, Wachsenden und Lebendigen und bedeutet in vielen Kulturen auch Hoffnung und Neubeginn. Grün steht im maximalen Gegensatz zu Rot. Wo Rot Verletzung und Tod signalisiert, steht Grün für Gesundheit und Leben.

Gelb gilt weltweit als fröhliche Farbe und Glückssymbol, was auf die emotionalen Wirkungen des Sonnenlichts zurückzuführen ist. Gelb wirkt sympathisch, jung und lebensfroh. Im Marketing wird gelb daher für Produkte für junges oder junggebliebenes Publikum genutzt. Gelb vermittelt den Eindruck von Gesundheit, Dynamik und aktiver Lebensfreude. Aber jede Verunreinigung oder Trübung bewirkt, dass der Zauber der Farbe verfliegt.

Weiß besitzt einen Anspruch auf Perfektion und war zunächst eine heilige Farbe. Jetzt symbolisiert sie die Wissenschaften, steht aber auch für Reinheit, Sauberkeit, Makellosigkeit (Brautkleid). Die Farbe wird häufig zur Kennzeichnung von Berufen, Produkten in der Lebensmittel- und Gesundheitswirtschaft eingesetzt. Weiß wirkt schwerelos, was es zur idealen Symbolfarbe der Mobilität macht und zur bevorzugten Lackfarbe von Flugzeugen, Raketen und Autos.

Schwarz steht für das Böse, Falsche und Hässliche. In nahezu allen Kulturen scheut das Böse das Licht und sucht das Dunkel. Der Hell-Dunkel-Effekt z.B. in der Malerei wirkt dramatisierend. Wer schwarze Kleidung trägt, erhöht die emotionale Wirkung von Mimik und Gestik, da Gesicht wie Hände stärker in den Fokus rücken. Bosse r aus Politik und Wirtschaft stellen ihre Bedeutung durch schwarze Maßanzüge und schwarze Limousinen zur Schau. Wer beim ersten Date und Bewerbungsgesprächen als selbstbewusst, intelligent, vertrauenswürdig und kreativ gesehen werden möchte, kommt an Schwarz kaum vorbei. Schwarz lässt uns geheimnisvoller und deutlich schlanker erscheinen.

Braun ist das Symbol des Erdbodens und bürgt für Sicherheit, Stabilität und Verlässlichkeit. Als das Weiß seinen Siegeszug in den modernen Städten antrat, mutierte Braun zur ländlich-konservativen Farbe, wurde zum Merkmal der Rückständigkeit. Von bodenständig zu rückständig, von schlicht zu engstirnig, von traditionsbewusst zu spießig und intolerant ist oft nur ein kleiner Schritt.

Mehr über Farben und ihre Wirkungen in Wohnungen lesen Sie hier.

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