Für viele Privathaushalte war es in den vergangenen Jahren eine einfache Rechnung: Weil Gas und Öl teurer werden, scheinen Holzpellets eine Alternative zu sein. Der BAYERN 1 Umweltkommissar will wissen, wie ökologisch das ist.
Von: Alexander Dallmus
Stand: 15.10.2013 07:14 Uhr| Archiv
Holzpelletsheizungen erfreuen sich vor allem in Bayern großer Beliebtheit: Laut Branchenverbänden stehen 43 Prozent der in Deutschland verkauften Modelle in Bayern. Die gestiegene Nachfrage führt zu einer starken Ausweitung der Produktionskapazitäten bei den Herstellern von Pellets. Sie verwerten mittlerweile nicht nur Abfälle der Sägeindustrie, sondern greifen immer häufiger auch auf Waldhackschnitzel zurück.
Ökologisch sinnvoll?
Die sprunghaft gestiegene Nachfrage bei Holzpelletheizungen stellt deshalb deren ökologischen Sinn in Frage.
Was sind Holzpellets?
Holzpellets sind ein klimaneutraler Brennstoff, der aus Biomasse gewonnen wird. Die aus gepressten Säge- und Hobelspänen hergestellten Pellets enthalten im Idealfall keine chemischen Bindemittel und haben eine hohe Energiedichte. Zwei Kilogramm Holzpellets entsprechen etwa dem Wirkungsgrad von einem Liter Heizöl. Pellets ermöglichen deshalb eine gute Verbrennung mit hohen Wirkungsgraden und geringen Emissionen. Holzpelletöfen sowie Holzpelletheizkessel weisen beispielsweise deutlich niedrigere Kohlenmonoxid- und Staubwerte auf als andere Anlagen für Festbrennstoffe.
Grundsätzlich ist Holz - im Vergleich zu den fossilen Energien wie Erdöl und Gas - ein nachwachsender Rohstoff. Das heißt: Werden Bäume gefällt, können neue Bäume gepflanzt werden. Allerdings dauert es, bis sie groß genug sind. Eigentlich werden für Pellets allein keine Bäume gefällt. Holzpellets sind der Reststoff bei der Produktion von Balken oder Möbeln. Aber da die Pellet-Industrie boomt, könnte sich das ändern.
Mit dem Abfallprodukt der Sägewerke heizen jetzt schon über 200.000 Haushalte in Deutschland, in den nächsten Jahren sollen es doppelt so viele sein. Derzeit werden in Deutschland jährlich etwa drei Millionen Tonnen Pellets produziert, aber nur etwa zwei Millionen verbraucht. Das Holz für die Pellets kann aber trotzdem auch aus sogenannten "Kurzumtriebsplantagen" (mit schnellwachsenden Bäume) stammen oder es werden Hölzer mit einem Durchmesser von mehr als sieben Zentimeter aus kontinuierlich bewaldeten Flächen verwendet. Wenn dabei dünnere Äste im Wald bleiben und dessen biologische Vielfalt und den natürlichen Nährstoffkreislauf sichern, ist dagegen - aus ökologischer Sicht - auch nichts einzuwenden.
"Im Vergleich zu anderen Heizsystemen zeichnen sich Pelletanlagen durch einen sehr geringen CO2-Ausstoß aus", teilt das Deutsche Pelletinstitut in Berlin mit. Auch in ihrer Energiebilanz seien Pellets umwelt- und klimafreundlich: Für die Rohstoffbeschaffung, zur Herstellung sowie für den Transport von Pellets müsse zwar Energie aufgewendet werden. Dieser Aufwand betrage jedoch lediglich 2,7 Prozent (zum Vergleich: Der Energieaufwand für Öl liegt bei zwölf Prozent, der für Erdgas bei zehn Prozent).
Allerdings gibt der Förster und Pellets-Kritiker Peter Wohlleben zu bedenken: "Auf den einzelnen Baum bezogen stimmt das. Aber Wälder insgesamt sind CO2-Senken. Tote Bäume verrotten nicht vollständig, sondern reichern über Jahrhunderte den Boden mit Kohlenstoff an. So sind ja auch unsere fossilen Energieträger entstanden. Werden die Bäume verbrannt, fällt dieser Speichereffekt weg."
Nachteil Feinstaub
Einziger echter Nachteil der Pellet-Heizung: die Feinstaubbelastung. Allerdings sind die gesetzlichen Bestimmungen bereits verschärft und die technische Ausstattungen der Heizungen auch immer besser geworden. Und schließlich, wie Bernhard Zimmer vom Institut für nachhaltige Entwicklung in Piding sagt, sind die Pellet-Heizungen zu Unrecht in der Kritik, weil es geregelte Heizungen sind und die Feinstaubbelastungen, die der Holverbrennung zugerechnet werden, sehr viel mehr von den Kaminöfen kommt. Aber es ist so, dass eine Pellet-Heizung mehr Feinstaub emittiert als zum Beispiel eine Ölheizung.
Der entscheidende Vorteil aus wirtschaftlicher Sicht ist jedoch, dass Holzpellets wesentlich kostengünstiger sind als Öl oder Gas. Als einheimischer Rohstoff wird auf Holz keine zusätzliche Steuer, wie zum Beispiel eine Ökosteuer erhoben. Selbst die Mehrwertsteuer liegt bei sieben statt bei 19 Prozent. Die Kosten für eine Kilowattstunde Wärme liegen so insgesamt bei etwa sechs Cent für Gas bzw. bei etwa neun Cent für Öl und für eine Kilowattstunde Pellet oder Hackschnitzel zwischen drei und 4,5 Cent.
Holzalternative: Hackschnitzel
Im Handel sind Holzhackschnitzel mittlerweile vermehrt auch technisch getrocknet. Es gibt jedoch auch naturgetrocknete Holzhackschnitzel. Es handelt sich dabei um gehackte Stücke aus getrocknetem, naturbelassenem Holz. Holzhackschnitzel haben meist eine flache, rechteckige Form. Hauptanwendungsbereich für Holzhackschnitzel sind Feuerungsanlagen der Leistungsklassen zwischen 100 und 1.000 Kilowattstunden (kW).
Hackschnitzel sind deutlich preiswerter als Holzpellets. Eine Tonne Hackschnitzel (waldfrisch) kostet etwa 55 bis 60 Euro, wobei die Preise regional verschieden sind. Eine Tonne Pellets hingegen kostet zwischen 150 und 180 Euro. Die Hackschnitzel kommen in Bayern meist aus dem privaten Kleinwald. Hier wird das Waldrestholz oft direkt vor Ort klein gehackt und dann ins nahe Heizkraftwerk geliefert. Im Gegensatz zu Pellets haben Hackschnitzel einen deutlich höheren Platzbedarf bei der Lagerung. In einen Kubikmeter Raumvolumen passen ca. 650 Kilogramm Pellets oder 180 bis 240 Kilogramm Hackschnitzel. Das führt oft zu einer Verschlechterung der Energiebilanz bei Hackschnitzeln. Ein weiterer Nachteil: Durch unsachgemäße Lagerung kann sich Schimmel bilden, was zu hohen Verlusten führen kann. Der Heizwert (Hu) von Pellets ist übrigens größer als der von Hackschnitzeln. Er beträgt 4,9 kWh/kg und von Holz/Hackschnitzel 3 bis 4,5 kWh/kg (abhängig vom Feuchtegehalt).
Die Pellets haben ihre Stärke in den kleinen Zentralheizungen, also im Einfamilienhaus oder auch im Mehrfamilienhaus bis 500 kW. Bei größeren Anlagen schneiden die Hackschnitzel wegen der Fördertechnologie und der Verbrennungstechnologie besser ab. Kleine Hackschnitzel-Heizungen haben den Nachteil, dass sie schwerer zu regeln sind. Die verschiedenen Anlagen benötigen auch verschiedene Qualitäten der Hackschnitzel, was zum Beispiel den Wassergehalt betrifft.
Zertifikate für Pellets und Hackschnitzel
Die Gewinnung von Pellets ist nur dann umweltschonend, wenn das Holz, das für die Pelletherstellung jedes Jahr gebraucht wird, auch jedes Jahr nachwächst. Das heißt, wenn fünf Tonnen Holz abgeholzt werden, müssen auch fünf Tonnen Holz im Wald wieder aufgeforstet werden. Wichtig ist, dass nicht die Anzahl der Bäume wieder aufgeforstet werden muss, sondern die Masse (Tonnen).
Bis vor wenigen Jahren ließ man die Baumkronen im Wald verrotten und die Mineralien und Nährstoffe wurden dem Boden zurückgegeben. Mittlerweile werden die Bäume für die Herstellung der Pellets komplett genutzt, von der Wurzel bis zur Baumkrone. Man müsse jedoch abwägen, gibt Bernhard Zimmer, Holzexperte vom Institut für nachhaltige Entwicklung zu bedenken:"Wenn in den Kronen der Fichten, die nach Stürmen im Wald liegen, der Borkenkäfer nistet, ist es absolut sinnvoll, das Holz zu verwerten. Man muss es also von Standort zu Standort entscheiden, aber es ist natürlich auf die Nährstoffbilanz ein Augenmerk zu richten."
Seit drei Jahren gibt es eine europaweit gültige Norm für die Qualität von Holzpellets. Kriterien sind hier aber nur ein bestimmter Mindestheizwert sowie gewisse Anforderungen an Größe und Durchmesser der Pellets. Es geht also lediglich um die Qualität der Pellets. Die Zertifikate ENplus und DINplus sagen auch nicht zwangsläufig etwas darüber aus, ob die Pellets aus der Region bzw. aus heimischen Wäldern stammen. Immerhin sind die Herstellungswege nachvollziehbar. Das Deutsche Pelletinstitut (DEPI) vergibt beispielsweise das ENplus-Zertifikat und schließt damit mit den Abnehmern einen Nutzungsvertrag: "Beim Pelletproduzenten werden einmal jährlich die Anlagen sowie der Ablauf des Produktionsprozesses überprüft und Proben entnommen", heißt es beim DEPI.
Umweltsiegel "Blauer Engel"
Auch der "Blaue Engel" kennzeichnet seit 2010 technisch getrocknete Hackschnitzel und Holzpellets. Die Wärme zur Trocknung muss hierbei entweder durch erneuerbare Energien oder aus industrieller Abwärme bereitgestellt und effizient eingesetzt werden. Die Feinstaubemissionen, die bei der Herstellung entstehen, müssen "strengen Grenzwerten genügen", lautet eine der Anforderung des "Blauen Engel". Außerdem ist festgelegt, dass für die Herstellung der Holzhackschnitzel und Holzpellets nur Hölzer aus nachhaltiger Forstwirtschaft und chemisch unbehandelte Holzrückstände verwendet werden. Pellets, die mit dem "Blauen Engel" gekennzeichnet sind, bilden zudem die Transportaufwendungen für die Anlieferung der Holzrohstoffe ab und erhalten dafür die Umschrift "weil nachhaltig und energieeffizient erzeugt".
Regine Vogt, vom Heidelberger IFEU-Institut, die zusammen mit dem Öko-Institut in Freiburg genau solche Kriterien erarbeitet hat, würde dem Verbraucher deshalb auch den "Blauen Engel" als Zertifkat empfehlen, "weil es eben auf mehrere Aspekte guckt, wie einmal die Treibhausgase, dass da wenig Emission anfällt. Dann aber auch die nachhaltige Herkunft von Hölzern, was bei den DIN EN-Labeln noch nicht drin ist. Die denken zwar auch drüber nach, aber Holzherkunft ist da noch kein Thema. Es ist aber ein wichtiges Thema, wie ich finde."
Endliche Biomasse
Holz sollte nicht nur zum Verbrennen genutzt werden.
Ökologischer Umgang mit Holz besteht darin, dass dessen Verbrennung erst am Ende einer langen Verwertungskette steht. Das nennen die Fachleute dann "Kaskadennutzung". Es hat wenig mit einer verantwortlichen Ressourcenpolitik zu tun, Holz zu verfeuern, damit fossile Brennstoffe zu ersetzen, das auch noch steuerlich zu fördern und am Ende festzustellen, dass es mit der hiesigen Biomasse nicht zu stemmen ist. Denn dann wird sicher über kurz oder lang auch mehr tropischer Regenwald illegal abgeholzt, weil die Nachfrage da ist und es sich wegen des Preises lohnt. Deshalb warnt auch Bernhard Zimmer: "Da gibt's irgendwo eine Grenze. Wenn wir anfangen, einen nachwachsenden dezentralen Energieträger von weit herzuholen, um ihn zentral zu verarbeiten. Da muss man mal ökologisch darüber nachdenken. Wir haben eine begrenzte Waldfläche und damit ein begrenztes Nachwachspotential."
Kosten für Pellets steigen
Auch wenn in den letzten Jahren die Preise für Holzpellets und Holzhackschnitzel massiv gestiegen sind, bleiben sie immer noch eine kostengünstigere Alternative zu den fossilen Brennstoffen. Laut aktueller Preisliste des gemeinnützigen Vereins C.A.R.M.E.N., das Centrale-Agrar-Rohstoff-Marketing- und Energie-Netzwerk e.V., liegt der Preis für fünf Tonnen Holzpellets (bei einer Lieferung im Umkreis von 50 Kilometern) für den September 2013 bei durchschnittlich 270 Euro. Das entspricht einer Preissteigerung von etwa 50 Prozent für den Zeitraum der vergangenen fünf Jahre. Da aber auch Heizöl und Erdgas inzwischen wesentlich mehr kosten, liegt der Preis für die Megawattstunde Energie für Holzpellets immer noch weit unter dem der fossilen Brennstoffe.
Hintergrund
Die Preisentwicklung hat Folgen für die industrielle Energiegewinnung. Der Essener Energiekonzern RWE schließt Ende Oktober 2013 sein Biomassekraftwerk im britischen Tilbury, das mit 750 Megawatt weltweit größte Kraftwerk dieser Art. Für den Weiterbetrieb wären Investitionen nötig gewesen, die sich angesichts der schwierigen Marktsituation nicht gerechnet hätten, sagt ein RWE-Sprecher. Auch in Großbritannien sind die Preise im Stromgroßhandel und damit die Erlöse der Konzerne erheblich gefallen. Das ehemalige Kohlekraftwerk war erst 2010 auf Biomasse-Pellets umgestellt worden. RWE ist offenbar mit dem Biomasse-Geschäft unzufrieden. Der Verkauf kleinerer Anlagen in Tschechien, Deutschland und Italien steht zur Disposition und auch für das Pellet-Werk in den USA werden alle Optionen geprüft, wie eine RWE Sprecherin bestätigt hat. Das Werk produziert nach Firmenangaben jährlich immerhin 750.000 Tonnen Holzpellets für den Export nach Europa.
Für den Privatverbraucher interessant: Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) bezuschusst auch weiterhin den Kauf von Pellet-Öfen mit Wassertasche. Wer jetzt in die Anschaffung eines solchen Gerätes investiert, erhält dafür 1.400 Euro staatliche Unterstützung. Wer den wasserführenden Pellet-Ofen mit einer Solaranlage koppelt, erhält insgesamt sogar 3.400 Euro als direkte Hilfe vom Staat.
Fazit
Grundsätzlich ist bei jedem Haus zu prüfen, welches die ökologisch sinnvollste Heizung ist. Pellets sind ein guter Beitrag, um sich aus der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu lösen. Weitgehend klimaneutral ist das Heizen mit den Pellets auch. Es ist jedoch wichtig, beim Pelleteinkauf auf ein aussagekräftiges Zertifikat wie den "Blauen Engel" zu achten. Nur so ist sichergestellt, dass ein Pellet aus Deutschland und somit aus einer nachhaltigen Forstwirtschaft stammt. Werden Pellets oder auch Hackschnitzel über weite Entfernungen zum Einsatzort transportiert, müssen die entsprechenden Treibhausgasemissionen in die Gesamtbilanz einbezogen werden. Der "Blaue Engel" macht das transparent, indem die Produktinformationen vom Hersteller ausgewiesen werden müssen. Die Verbraucher können damit direkten Einfluss auf die Herkunft der Biomasse nehmen und auch einen konkreten Beitrag zum Umweltschutz leisten.
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